CMT-Bericht 5/2004: Dynamische Analyse der hydroelastischen Eigenschaften kabelgebundener Tiefseegeräteträger

G. Clauss, S. Hoog
Technische Universität Berlin, Institut für Land- und Seeverkehr, Fachgebiet Schiffs- und Meerestechnik

Das IGF-Vorhaben 13273 N der Forschungsvereinigung Center of Maritime Technologies e.V. (CMT) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Der Bericht kann beim FSM bestellt werden. Bitte senden Sie eine E-Mail an info(at)fsm-net.org

Zusammenfassung

Die Erschließung der Tiefsee wird technologisch maßgeblich im Zusammenhang mit der Exploration und Exploitation neuer Offshore-Vorkommen durch die Öl- und Gasindustrie vorangetrieben. Eine Schlüsselrolle fällt dabei den unbemannten Unterwasser-Fahrzeugen (Unmanned Underwater Vehicles UUV) zu, wozu neben den Autonomous Underwater Vehicles (AUV) auch die Remotely Operated Vehicles (ROV) gehören. Letztere werden seit ca. 30 Jahren in der Tiefe der Meere eingesetzt und haben sich seitdem zu einer zuverlässigen Standard-Technologie für alle Bereiche der Offshore- und Meeresforschungstechnik entwickelt. Begleitet wird die Praxis durch zahlreiche theoretische Untersuchungen sowie Modell- und Großversuche zu Fragen der Statik und Dynamik kabelgebundener Systeme. Die Gesamtsysteme bestehen zumeist aus einer Einsatzplattform (Schiff, Kranbarge oder Halbtaucher), einem Multifunktionskabel (umbilical) und dem angehängten Geräteträger (ROV, Schleppfisch usw.). Ein Vertreter dieser Geräteklasse ist mit dem MODUS (MObile Docker for Underwater Sciences) an der TU Berlin im Einsatz. Er ermöglicht das Absetzen und Bergen schwerer Forschungsstationen in der Tiefsee und erlaubt kontrollierte Einsätze bis in 4.000 m Wassertiefe. Als systemimmanentes dynamisches Problem erweist sich die direkte Kopplung der Tauch- und Stampfbewegungen des Einsatzfahrzeugs mit dem am Kabel hängenden vertikal gebundenen oder geschleppten Geräteträger. Durch die Übertragung der durch die Wellen induzierten Bewegungen des Einsatzfahrzeugs sowie weiterer hydroelastischer Effekte über das umbilical werden vertikale Oszillationen des Geräteträgers induziert, die dessen dynamisches Verhalten und die Stabilität im Einsatz negativ beeinflussen können: Infolge hoher Trägheits- und Widerstandskräfte können die getauchten Systemkomponenten bei ungünstiger Bewegungscharakteristik den vertikalen Oszillationen des Kabels nicht direkt folgen, was zu den gefürchteten slack-cable Situationen führen kann. Während dieser kurzen Momente reduziert sich die Kabellängsspannung auf Null, und die Bewegungen des Einsatzfahrzeugs und des getauchten Systems sind entkoppelt. Die im nächsten Moment abrupt einsetzende Straffung des Kabels führt zu gefährlich hohen Kraftspitzen (snap loads) am oberen Kabelaufhängepunkt und störenden Taumelbewegungen des Geräteträgers, wobei irreguläre Oszillationen mit unterschiedlichen Amplituden, Frequenzen und Phasen auftreten. Die dynamische Charakteristik des Systems hängt dabei entscheidend von den geometrischen Eigenschaften des Geräteträgers sowie den operativen Bedingungen ab, die folglich zu den wichtigsten Entwurfsaspekten gehören. Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens werden Modell- und Großversuche mit dem exemplarischen Geräteträger MODUS durchgeführt, wobei sowohl die Bestimmung der hydrodynamischen Koeffizienten als auch der Kräfte und Beschleunigungen am oberen und unteren Kabelende während der Transits vom Einsatzschiff zum Meeresgrund und zurück im Vordergrund stehen. Zu diesem Zweck wurde ein Konzept sowie ein Prototyp-System einer Datenerfassung erstellt und in Feldeinsätzen mit ebenfalls neu entwickelten Mess-Sensoren getestet. Die erzielten Ergebnisse wurden in einer neu entwickelten Datenbankanwendung gespeichert. Parallel erstellte Computational Fluid Dynamics (CFD)-Simulationen berücksichtigen viskose Effekte und liefern Aussagen über Strukturwiderstand und Nachstromfelder für die relevanten Fahrtrichtungen. Die Resultate dienen im weiteren der Bestätigung von Software zur dynamischen Bewegungssimulation, die an der TU Berlin entwickelt wurde. Diese berücksichtigt hydroelastische Aspekte, Strömung und irreguläre Seegänge und erlaubt die Auswertung im Frequenz- und Zeitbereich. Auch wenn die Entwicklungen noch nicht serienreif sind, können die Ergebnisse des Vorhabens Entwerfern und Konstrukteuren von ROVs, Winden oder Seegangskompensationseinrichtungen wertvolle Hinweise liefern.