Bericht P 1560 (2024): Einfluss korrosiver Medien auf die Schwingfestigkeit von Offshore-Windenergieanlagen

Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (FOSTA)

Forschungsvereinigung Schiffbau und Meerestechnik e.V. (FSM)

Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. (DECHEMA)

Dr.-Ing. Sulaiman Shojai, Prof. Dr.-Ing. Peter Schaumann, Prof. Dr. sc. ETH Elyas Ghafoori
Institut für Stahlbau, Leibniz Universität Hannover

Dr.-Ing. Christian Woitzik, DSc.(Tech.) Rüdiger U. Franz von Bock und Polach
Institut für Konstruktion und Festigkeit von Schiffen, Technische Universität Hamburg

Das IGF-Vorhaben 37 LN der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V. (FOSTA) wurde im Rahmen des Programms Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages gefördert.

Der Bericht kann bei der FOSTA (FOSTA-Berichte – Matplus Shop) oder beim FSM (info(at)fsm-net.org) bestellt werden.

Kurzzusammenfassung

 Offshore Stahlstrukturen sind zum Teil harschen Umweltbedingungen ausgesetzt. Gleichzeitig sind sie aufgrund zyklischer Belastungen aus Wind, Wellen und Betriebs- bzw. Verkehrslasten ermüdungsgefährdet. Sowohl die ermüdungsgefährdete Stahlkonstruktion als auch der Korrosionsschutz, der über die Jahre degradiert, haben eine begrenzte Lebensdauer. Wenn der Korrosionsschutz seine Lebensdauer erreicht hat und ausfällt, ist der Stahl freier Korrosion ausgesetzt. Um die Tragwerke in diesen Zustand weiterzubetreiben, ist es notwendig, den Einfluss von Korrosion auf die Ermüdungsfestigkeit zu untersuchen. Hierfür sind neue Methoden zu entwickeln, mit denen der tatsächliche Zustand von korrodierten Komponenten der Tragstrukturen erfasst und in Prognosen für eine (Rest-) Lebensdauer integriert werden kann. Stahlkonstruktionen weisen i. d. R. zahlreiche geschweißte Verbindungen auf. Diese verhalten sich aufgrund der bereits vorhandenen Spannungskonzentrationen durch die Schweißnahtgeometrie sowie den Eigenspannungen aus dem Schweißvorgang anders als das Grundmaterial. Deshalb wurden Ermüdungsversuche an korrodierten Grundmaterial-, Kehlnaht- und Stumpfnahtproben durchgeführt. Zusätzlich erfolgten 3D-Scans und Eigenspannungsmessungen. Anschließend wurden die Ermüdungsversuche mit lokalen Ermüdungskonzepten, unter Berücksichtigung der realen Probengeometrie aus den 3D-Scans und den gemessenen Eigenspannungen nachgerechnet. Es konnte gezeigt werden, dass die Kerbspannungen einen großen Einfluss auf die Prognose der Lebensdauer haben. Zusätzlich stellte sich heraus, dass die Eigenspannungen eine wichtige Rolle spielen und zur Bewertung der Restlebensdauer von korrodierten Stahlkomponenten in Betracht gezogen werden müssen. Mit der Anwendung von lokalen Methoden konnte die Streuung in den Wöhlerkurven minimiert und somit die Zuverlässigkeit gesteigert werden. Es konnte für geschweißte Proben gezeigt werden, dass die Berücksichtigung des realen Zustandes von korrodierten Komponenten in der Berechnung der Ermüdungsfestigkeit möglich ist. Mit der Replikatechnik, bei der Abdrücke von korrodierten Komponenten im Rahmen von Bauwerksinspektionen erstellt werden, konnte gezeigt werden, das die Ergebnisse aus den vorangegangenen Untersuchungen auf Basis der Kerbspannungen auf reale Bauwerke übertragbar sind. Weitere Untersuchungen mit insgesamt 12 Monate korrosiver Einwirkungsdauer haben gezeigt, dass die Ermüdungsfestigkeit nicht bei allen Probengeometrien stetig und gleich abfällt. Der Reduktion der Ermüdungsfestigkeit bei Grundmaterialproben beispielsweise ist größer als bei geschweißten Proben, was auf eine geringere Kerbwirkung im Ausgangszustand vor korrosiver Einwirkung zurückgeführt werden kann. Außerdem konnte gezeigt werden, dass es bei langer Korrosionsdauer einen Angleichsungseffekt gibt, der dazu führt, dass unterschiedliche Probengeometrien mit unterschiedlicher Ermüdungsfestigkeit im unkorrodierten Zustand, nach Korrosionseinwirkung ähnliche Ermüdungsfestigkeiten aufweisen. Zurückzuführen ist dies auf die unterschiedliche Interaktion von Korrosion und Schweißnahtkerben. Scharfen Anfangskerben werden durch Korrosion milder und milder Anfangskerben durch Korrosion schärfer.