CMT-Bericht 34/2015: Klebtechnisches Fügen von Rohrleitungen im Schiffbau (Rohrkleben im Schiffbau)

Fraunhofer Anwendungszentrum für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP, Rostock
Prof. Dr.-Ing. Martin-Christoph Wanner, Prof. Dr.-Ing. habil. Knuth-Michael Henkel, Dipl.-Ing. Nikolai Glück, M. Sc. Linda Fröck

Fraunhofer-Gesellschaft e.V. – Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung IFAM
Dr. Markus Brede, Dr. rer. nat. Christof Nagel

Das IGF-Vorhaben 17808 N des Center of Maritime Technologies e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages gefördert.

Der Bericht kann beim FSM bestellt werden. Bitte senden Sie eine E-Mail an info(at)fsm-net.org

Zusammenfassung

Der Fügeprozess ist die wesentliche Stellgröße zur Reduzierung des Zeitaufwands und der Kosten beim Einbau von Rohrleitungen in Schiffen und auf Offshorekonstruktionen. Bei der Anwendung von Schweißverfahren kommt es in Folge der Wärmeeinbringung sowohl zur Zerstörung von Korrosionsschutzschichten auf den Rohren, als auch in der Umgebung. Das auf Grund der beengten Verhältnisse erforderliche Schweißen in Zwangslagen führt zu einer erhöhten Fehlerquote und dadurch zu Nachbesserungsaufwand. Alternative Verfahren, wie mechanische Rohrmuffensysteme werden als nicht wartungsfrei eingestuft und können daher nur an zugänglichen Positionen eigesetzt werden. Aus diesen Problemen leitet sich der Bedarf nach einem wartungsfreien, wärmearmen Fügeverfahren für grob tolerierte metallische Rohrleitungen ab, das im beengten Bauraum und unter variierenden Umgebungsbedingungen einsetzbar ist. Als Lösungsansatz bietet sich die Anwendung eines klebtechnischen Fügeverfahrens, das im Rahmen des Projektes „Klebtechnisches Fügen von metallischen Rohrleitungen im Schiffbau“ entwickelt wurde. Auf Basis einer Analyse der spezifischen Anforderungen an Fügestellen unterschiedlicher Rohrleitungssysteme, sowie den Fügeprozess in der schiffbaulichen Fertigung, wurde die Verbindungsstelle dimensioniert, Klebstoffsysteme ausgewählt und qualifiziert sowie ein Fügeprozess entwickelt. Es wurde ein Rohrklassenkatalog mit kritischen mechanischen, klimatischen und medialen Einwirkungen erstellt. Zur Dimensionierung der Rohrverbindung wurden die Beanspruchungen des Klebverbunds mittels numerischer Simulationen (FEM) der Verbindungsstelle analysiert und die Beanspruchbarkeiten des Klebverbunds an künstlich gealterten Proben ermittelt. Ergebnisse sind Aussagen zum Alterungsverhalten ausgewählter geklebter Rohrverbindungen unter spezifischen mechanischen und medialen Belastungen und ein Berechnungsverfahren zur Auslegung geklebter Rohrverbindungen. Zur Entwicklung eines Fügeprozesses wurden unterschiedliche Applikations- und Fixierungsvarianten konzipiert und durch praktische Tests zu einer Verfahrensvariante optimiert. Als Ergebnisse stehen dem Anwender ein Verbindungsbauteil zum klebtechnischen Verbinden von Rohrleitungen unterschiedlicher Klassen und Größen sowie ein unter schiffbaulichen Bedingungen anwendbares geprüftes Verfahren zur klebtechnischen Verbindung ausgewählter Rohrklassen zur Verfügung. Die Gebrauchstauglichkeit wurde durch die Herstellung und Prüfung von Rohrverbindungen unter Werftbedingungen nachgewiesen. 

Das im Projekt entwickelte klebtechnische Fügeverfahren mittels geteilter Klebmuffe ermöglicht erstmals die wartungsfreie Verbindung metallischer Rohrleitungssysteme ohne Schweißoperationen. Durch die im Projekt durchgeführten Auslagerungsversuche wurden Abminderungsfaktoren für die Alterung ausgewählter Klebstoff-Oberflächen-Kombinationen unter medial-thermischer Dauerbeanspruchung in unterschiedlichen Wasserleitungen (Kühl-,See-, Grauwasser) ermittelt. In Kombination mit dem ebenfalls im Projekt entwickelten analytischen Berechnungsverfahren ist es nun möglich, Klebemuffen für wasserführende Rohrleitungssysteme von DN32 bis DN350 rechnerisch auszulegen.
Durch die Anwendung des entwickelten Verfahrens können folgende Effekte erzielt werden:
– Steigerung der Produktivität in der Rohrmontage durch Wegfall von Nacharbeiten
– Verbesserung der Verbindungsqualität bei Fügeoperationen
– Verbesserung des Korrosionsschutzes beschichteter Rohre durch wärmefreies Fügen
– Reduzierung des notwendigen Abstands zwischen Rohrleitungen und Wänden
– Effiziente Endmontage und Reparatur in explosions- bzw. brandgefährdeten Räumen