CMT-Bericht 17/2011: Leistungssteigerung des Elektrogasschweißens von höherfesten Schiffbaustählen zum Einsatz bei Normal- und Tieftemperaturen (Egas)

Universität Rostock, Lehrstuhl Fertigungstechnik
Prof. Dr.-Ing. Martin-Christoph Wanner, Knuth-Michael Henkel, Andreas Dörge

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik
Prof. Dr.-Ing. Uwe Reisgen, Dirk Kampffmeyer

Das Forschungsprojekt Leistungssteigerung des Elektrogasschweißens von höherfesten Schiffbaustählen zum Einsatz bei Normal- und Tieftemperaturen wurde gefördert von der gemeinnützigen Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. Zweck der Stiftung ist die Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Stahlverarbeitung und -anwendung in der Bundesrepublik Deutschland. Geprüft wurde das Forschungsvorhaben von einem Gutachtergremien der Forschungsvereinigung der Arbeitsgemeinschaft der Eisen und Metall verarbeitenden Industrie e.V. (AVIF), das sich aus Sachverständigen der Stahl anwendenden Industrie und der Wissenschaft zusammensetzt. Begleitet wurde das Projekt von einem Arbeitskreis des Center of Maritime Technologies e.V.

Der Bericht kann beim FSM bestellt werden. Bitte senden Sie eine E-Mail an info(at)fsm-net.org

Zusammenfassung

Im Schiffbau werden hinsichtlich der Schweißtechnik sowohl fertigungs- und kostengünstige, als auch beanspruchungsgerechte Strukturen gefordert. So sind seit den 80-er Jahren immer leistungsfähigere Schweißprozesse, vor allem in der Vormontage, entwickelt worden. Es ist ein Trend zum Einsatz höherfester Stähle zu verzeichnen. Durch stetig steigende Anforderungen an die Schiffstypen, wie die Ausführung immer größerer Containerschiffe oder den Einsatz in arktischen Regionen, werden sowohl sichere Schweißverfahren als auch belastbare Aussagen für die Auslegung benötigt, um Rissschäden im Betrieb zu vermeiden.

Der Einsatz des leistungsfähigen Elektrogas-Hochleistungsschweißen für normalfeste Schiffbaustähle würde bei höherfesten Stählen jedoch ohne weitere Maßnahmen u.a. zu einer Festigkeits- und Zähigkeitsreduzierung in der Wärmeeinflußzone infolge hoher Streckenenergieeinträge und Grobkornbildung führen. Durch diese und weitere Gründe wurde die Nutzung des Verfahrens im deutschen Schiffbau für den avisierten Anwendungsfall bisher nicht realisiert.

Das übergreifende Ziel des Vorhabens besteht in einer Produktivitätssteigerung beim Schweißen senkrechter Endmontagestöße der schiffbaulichen Außenhaut für höherfeste Stähle im Blechdickenbereich von 15 bis 50 mm mittels Elektrogas-Schweißen. Zum Einsatz kommen ausgewählte höherfeste Stähle für den Einsatz bei Normal- und Tieftemperaturen unter Berücksichtigung der realen fertigungstechnischen Gegebenheiten des Schiffbaus.

Die Stähle wurden in der Position steigend durch das Elektrogasschweißen geschweißt. Das wesentliche Ziel der Untersuchungen war dabei die Reduzierung der Streckenenergie auf einen Betrag, der bezüglich der eingesetzten Stähle hohe Festigkeits- und Zähigkeitswerte in der Verbindung zulässt und dennoch prozeßsicher ist. Die Schweißgeschwindigkeit soll dabei gegenüber den bisherigen Varianten des EG-Schweißens möglichst gesteigert werden.

Dazu wurden experimentelle Untersuchungen an geeigneten Probengeometrien zum einen durch Optimierungen der schweißtechnologischen Parameter mittels spezieller Fülldrähte und Gase sowie Nahtvorbereitungen und Drahtzufuhr vorgenommen. Zum anderen wurde durch eine gezielte Optimierung der Prozesstechnologie (Schweißstrom / Stromquelle) eine weitere positive Beeinflussung der Verbindungseigenschaften erreicht werden. Dazu kam der aus der MSG-Technik bekannte gesteuerte Prozess der Impulstechnik zum Einsatz kommen. Auch die Möglichkeiten des rotierenden Lichtbogens wurden geprüft. Neben den schweißtechnologischen Anforderungen wurden die Gegebenheiten der schiffbaulichen Blockstöße in die Untersuchungen einbezogen. Die Ergebnisse der Versuchsvariationen werden durch die Ermittlung des Werkstoffverhaltens der Schweißverbindung nach zügigen und schwingenden Beanspruchungen und durch metallographischen Gefügeuntersuchungen, Zähigkeitsuntersuchungen, zerstörungsfreie Prüfungen, Nahtvermessungen und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen nachgewiesen.

Im Vorhaben wurde sich an den verfahrensprüfungsseitigen Anforderungen des Germanischen Lloyd orientiert. Die Festigkeiten der Schweißverbindungen wurde durch Zugversuche nachgewiesen, welche zum Bruch im Grundwerkstoff führten. Mit der Kerbschlagarbeit von 86 J im Schweißgut, 71 J in der Schmelzlinie und 110 J in der WEZ an einem A36 (Prüftemperatur Raumtemperatur) mit 13 mm Blechstärke, sowie mit 75 J im Schweißgut, 173 J in der Schmelzlinie und 206 J in der WEZ an einem D36 (Prüftemperatur 0°C) als Grundwerkstoff mit 30 mm Dicke, konnten die Mindestzähigkeiten von 34 J sicher erfüllt werden. Die Härteverläufe der Schweißnaht weisen auf keinen ausgeprägten Härtesack in der WEZ hin.

Desweiteren wurden im laufenden Vorhaben Einseiten-EG-Schweißungen durchgeführt, wobei keine Probleme in der Ausbildung der Wurzel zu erkennen war. Es kam eine trapezförmige Keramikbadsicherung für diese Versuche zum Einsatz, die auch beim MAG-Schweißen eingesetzt wird. Es wurden Streckenenergien eingebracht von 67 kJ/cm bei s=13 mm und 116 kJ/cm bei s=30 mm. Dabei konnten Schweißgeschwindigkeiten von 5,0 bis 7,0 m/h erreicht werden. Die mechanisch-technologischen Gütewerte wiesen im Vergleich zum beidseitigen EG-Schweißen nur beim A36 den Trend auf, dass sich in der Schmelzlinie die Zähigkeiten mit 56 J geringfügig änderten, aber über den geforderten 34J liegen. Der Test bei Raumtemperatur ergab im Schweißgut 98 J und in der WEZ 143 J. Die Zugversuche ergaben Brüche im Grundwerkstoff und sind somit bestanden. Die Ergebnisse mit D36 als Grundwerkstoff zeigen keine Abweichungen zu denen mit beidseitigen Kupferschuhen. Dabei wurden Kerbschlagarbeiten von 120 J im Schweißgut, 161 J in der Schmelzlinie und 239 J in der WEZ ermittelt. Die Prüfungen wurden bei 0°C durchgeführt. Die erreichten Festigkeiten liegen deutlich über den Anforderungen des Germanischen Lloyd. Auch die Härteverlaufe deuten nicht auf vorhandene Unregelmäßigkeiten, wie signifikante Härtesprünge oder Härtesäcke, hin.

Die von den Klassifizierungsgesellschaften geforderten mechanisch-technologischen Eigenschaften wurden durch die EG-Schweißversuche der untersuchten Schiffbaustähle sicher erreicht. Der Vorteil einer 6 – 7 fach höheren Schweißgeschwindigkeit des EG- gegenüber des teilmechanischen MAG-Schweißens konnte nachgewiesen werden.