CMT-Bericht 26/2014: Manuelles Plasma- und WIG-Runden an freien Kanten zur Beschichtungsvorbereitung (Manuelles Plasma- und WIG-Runden)

Fraunhofer Anwendungszentrum für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP, Rostock
Prof. Dr.-Ing. Martin-Christoph Wanner, Dr.-Ing. Knuth-Michael Henkel, Dipl.-Ing. Robert Hein

Das IGF-Vorhaben 17258 BR des Center of Maritime Technologies e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages gefördert.

Der Bericht kann beim FSM bestellt werden. Bitte senden Sie eine E-Mail an info(at)fsm-net.org

Zusammenfassung

Die Zielsetzung des Forschungsvorhabens bestand in der Erarbeitung von technologischen Vorgaben und Prozessparametern für den Einsatz eines thermischen Verfahrens zum manuellen beschichtungsgerechten Kantenbearbeiten im schiffbaulichen Zuschnitt und der Montage. Es sollte ein Werkzeug und ein Verfahren entwickelt werden, das in allen Stufen der Fertigung (Platten- und Profilzuschnitt, Lager, Paneelfertigung, Doppelbodenfertigung, Sektionsmontage, Blockbau, etc.), allen Lagen und an allen normalen Bau- und Schiffbaustählen die Schnittkanten thermisch, beschichtungsgerecht, IMO-konform und wirtschaftlich bearbeitet.

Neben der prototypischen Entwicklung notwendiger Hilfsmittel, wie Führungssysteme, lag das Hauptaugenmerk der Entwicklungsarbeiten auf der Prozessuntersuchung zur Ermittlung der Verfahrensgrenzen. Anhand mehrerer statistischer Versuchspläne wurden sowohl für den Plasma- als auch für den WIG-Prozess die relevanten Prozessparameter mit dem größten Einfluss auf das Rundungsergebnis ermittelt. Entsprechend des Arbeitsplanes und in Abstimmung mit dem pbA wurde das mechanisierte Kantenrunden für den Industrieeinsatz qualifiziert und um das Verfahren WIG-Schweißen erweitert und optimale Verfahrensparameter für IMO-konforme Rundungsradien entwickelt. Aus schweißtechnischer Sicht konnten die gestellten Anforderungen nach Rissfreiheit, flachen Übergängen, keine inneren Poren und gleichmäßige Oberfläche erfüllt werden. Die Korrosionseigenschaften wurden im Projektverlauf nicht untersucht. Auf Grund der Vergleichbarkeit mit Proben aus dem Projekt BEKAS kann auf äquivalente Eigenschaften geschlossen werden.

Neben der Erfüllung der äußeren Merkmale (r ≥ 2mm) der IMO-konformen Kantenvorbereitung standen die metallurgischen Einflüsse in Abhängigkeit der o.g. Parameter im Fokus der Untersuchungen. Da es sich bei beiden Verfahren um einen Schweißprozess ohne Zusatzwerkstoff handelt, fallen Beeinflussungen (z.B. Desoxidation durch erhöhten Silizium- und Mangangehalt) des entstehenden Gefüges durch eben diesen weg. Das bedeutet, dass die chemische Zusammensetzung des Grundwerkstoffes einen entscheidenden Einfluss auf die Gefügeausbildung hat. Anhand von Analysen der chemischen Zusammensetzung mittels optischer Emissionsspektrometrie konnten die Einflüsse des Zuschnitts sowie die Beeinflussung durch den Rundungsprozess für die verschiedenen untersuchten Grundwerkstoffe abgebildet und der entstehenden spezifischen Gefügemorphologie sowie dessen Eigenschaften zugeordnet werden. Von besonderem Interesse waren hierbei die Härtewerte der Schweißgutgefüge, da in vorangegangenen Untersuchungen bei höherfesten Schiffbaustählen (A36) unzulässige Aufhärtungen ermittelt wurden. Die Ursache hierfür liegt in einer festgestellten Aufstickung der Schnittkante, die in Verbindung mit der schnelleren Abkühlung und in Folge der höheren Energiedichte des Plasmaprozesses nach dem Runden für unzulässige Härtewerte (> 400 HV10) an der Kante sorgte. Es konnte im Projekt eine Alternative durch die Verwendung von Argon ermittelt werden. Bei der thermischen Kantenrundung mittels WIG-Schweißen konnte, auf Grund der geringeren Energiedichte des WIG-Lichtbogens und der damit verbundenen größeren Streckenenergie auch bei den beschriebenen metallurgischen Beeinflussungen des Grundwerkstoffes durch den Zuschnitt keine kritische Aufhärtung festgestellt werden. Für das Plasmaschweißen als Verfahren zum thermischen Kantenrunden an höherfesten Stählen konnte ein alternatives Schneidverfahren entwickelt werden, welches die Ursachen der kritischen Aufhärtung vermeidet. Die Unterlagen für eine Erweiterung des im Vorhaben BEKAS in 2010 für normalfesten Stahl durch die Klassifikationsgesellschaft DNV erstellten Approval in principle sind für das Runden höherfester A/E36-Stähle eingereicht worden.

In weiteren Schritten erfolgte im Vorhaben die Übertragung der Erkenntnisse und Parameter auf die manuelle Kantenbearbeitung. Dabei wurde das Kantenrunden nach dem Plattenzuschnitt und im Bereich der Sektionsfertigung als relevante Anwendungsfälle identifiziert. Mit den konzipierten, entwickelten und prototypisch umgesetzten Führungen konnte für den Anwendungsfall der linienförmigen Kantenbearbeitung nach dem Plattenzuschnitt eine teilmechanisierte und manuelle thermische Kantenrundung erprobt werden. Die Ergebnisse können dabei als gleichwertig zur mechanisierten Variante angesehen werden.

Im Anwendungsfall kleiner Wasserlauflöcher in der Sektionsfertigung konnte auf Grund der geringen Größe der zu bearbeitenden Konturen und der gewollten geringen Komplexität der Brennerkomponenten im Projektverlauf nur eine manuelle Teillösung für die Führung entwickelt werden. Für Wasserlauflöcher und Freischnitte in der mechanisierten Fertigung von Profilen konnten dagegen tragfähige Lösungen in enger Abstimmung mit dem Projektbegleitenden Ausschuss erzielt werden.