CMT-Bericht 4/2004: Erhöhte Rationalisierungseffekte im Schiffskörperbau durch Laserstrahlschweißen teilangeschlossener T-Stöße

B. Anders
Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt Mecklenburg-Vorpommern GmbH, Rostock

G. Pethan
Jos. L. Meyer GmbH, Papenburg

B. Metschkow
INFERT Innovative Fertigungstechnik GmbH, Wiendorf

T. Nitschke-Pagel
Technische Universität Braunschweig, Institut für Füge- und Schweißtechnik

Das Forschungsprojekt Erhöhte Rationalisierungseffekte im Schiffskörperbau durch Laserstrahlschweißen teilangeschlossener T-Stöße wurde gefördert von der gemeinnützigen Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.  Zweck der Stiftung ist die Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Stahlverarbeitung und -anwendung in der Bundesrepublik Deutschland. Geprüft wurde das Forschungsvorhaben von einem Gutachtergremien der Forschungsvereinigung der Arbeitsgemeinschaft der Eisen und Metall verarbeitenden Industrie e.V. (AVIF), das sich aus Sachverständigen der Stahl anwendenden Industrie und der Wissenschaft zusammensetzt. Begleitet wurde das Projekt von einem Arbeitskreis des Center of Maritime Technologies e.V.

Der Bericht kann beim FSM bestellt werden. Bitte senden Sie eine E-Mail an info(at)fsm-net.org

Zusammenfassung

In dem Vorhaben sollten Grundlagen für die Zulassung von einseitig laser- und laserhybridgeschweißten teilangeschlossenen Kehlnähten für Schiffsdeckkonstruktionen erarbeitet werden. Zu diesem Zweck waren die fertigungstechnischen Aspekte des Laser- bzw. Laserhybridschweißens (insbesondere die Optimierung der Schweißparameter) unter dem Blickwinkel des praktischen Einsatzes dieser innovativen Fügeverfahren zu untersuchen sowie die Qualität und die Tragfähigkeit teilangeschlossener Kehlnähte zu bewerten.

Das Vorhaben war in folgende Arbeitsschritte gegliedert:

  • Durchführung von FEM-Berechnungen zur Bewertung der Spannungskonzentration in T-Stoßverbindungen mit Teilkehlnähten,
    • Ableitung von Anhaltswerten für die Planung von Schweißversuchen zur Optimierung der Schweißprozessparameter und der T-Stoßgeometrie,
    • Realisierung und Auswertung der Schweißprozessversuche,
    • Optimierung der Schweißprozessparameter,
    • Durchführung, Auswertung und Interpretation von Schwingfestigkeitsversuchen.

Neben der Optimierung der Schweißparameter ist insbesondere die Schwingfestigkeit teilangeschlossener Kehlnähte ein noch offenes Problem, weil die zum Führen von Schwingfestigkeitsnachweisen benötigten Entwurfswöhlerlinien nicht bekannt sind. Sie lassen sich nur experimentell ermitteln. Da der Einsatz teilangeschlossener Kehlnähte zunächst für nicht oder nur schwach belastete Decksteifen angedacht ist, konzentrierten sich die theoretischen Untersuchungen auf den aus Kerbfallkatalogen bekannten Fall der Quersteife.

Auswertung der systematischen FEM-Berechnungen

Generell gilt, dass die Spannungskonzentration am Wurzelkerb größer ist, wenn am Übergangskerb kein Einbrand vorhanden ist. Ein Einbrand am Übergangskerb kann den Ort der maximalen Spannungskonzentration vom Wurzel- zum Übergangskerb verlagern und ist folglich zu vermeiden, da in diesem Falle zwei Hot-spots vorhanden sind, die einen negativen Einfluss auf die Schwingfestigkeit haben können.

Ableitung von Anhaltswerten für die Planung der Schweißversuche

Auf der Grundlage der systematischen Berechnungen lassen sich für die Konzipierung der experimentellen Untersuchungen und für die Bewertung einseitig geschweißter teilangeschlossener Kehlnähte folgende Schlussfolgerungen ableiten:

  • Es ist eine möglichst kleine Kehlnahtdicke anzustreben.
    • Übergangskerben zwischen Kehlnahtflanke und Gurt sind zu vermeiden.
    • Die Höhe des Luftspalts zwischen Gurt und Steg ist für die Spannungskonzentration ohne Belang. Er darf ausschließlich nach verfahrensspezifischen Gesichtspunkten festgelegt werden.
    • Die Länge des nicht abgeschweißten Luftspalts zwischen Gurt und Steg ist für die Spannungskonzentration ebenfalls irrelevant. Er darf unter Einhaltung der Forderungen der Klassifikationsgesellschaften und der Verfahrensführung gewählt werden.
    • Die Nahtflankenform (Wölb- oder Flachnaht) ist keine bestimmende Größe für die Spannungskonzentration.
    • Der Übergangsradius zwischen Kehlnahtflanke und Gurt ist insbesondere bei unvermeidlicher Winkelschrumpfung des T-Stoßes möglichst groß zu wählen.
    • Die Winkelschrumpfung ist insbesondere bei Verbindungen zu vermeiden, die unter einer dominanten Primärbiegebelastung stehen. Aber auch bei Gurtzugbelastung führt die Winkelschrumpfung zu erheblichen Spannungserhöhungen und –konzentrationen.

Realisierung und Auswertung der geplanten Schweißprozessversuche

Laserstrahlschweißen

Das reine Laserstrahlschweißen teilangeschlossener T-Stöße ist prinzipiell durchführbar. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl das Schweißen von spaltlosen T-Stößen sicher beherrschbar ist als auch das Schweißen von Kehlnähten mit Spalten bis zu einem Millimeter ebenfalls möglich ist. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass sich definierte Einschweißtiefen auch bei unterschiedlichen Schweißgeschwindigkeiten sicher wiederholbar realisieren lassen. Dieser Umstand erlaubt einen korrigierenden Eingriff in den Prozess, um auf äußere Nahtgeometriefehler wie Einbrandkerben reagieren zu können, trotzdem aber definierte Einschweißtiefen zu realisieren.

Laser-MIG Hybrid Schweißen

Das Laser-MIG-Hybridschweißen teilangeschlossener T-Stöße ist mit einer erheblichen Steigerung der Schweißgeschwindigkeit gegenüber vollangeschlossenen hybridgeschweißten T-Stößen verbunden. Folgende Verbesserungen konnten bei vorhandener Prozessstabilität erreicht werden:

6 mm HP auf 8 mm Deck: Steigerung der Schweißgeschwindigkeit um 23 %,
9 mm HP auf 8 mm Deck: Steigerung der Schweißgeschwindigkeit um 20 %,
12 mm HP auf 8 mm Deck: Steigerung der Schweißgeschwindigkeit um 43 %.

Ein weiterer Vorteil ist die dazu korrespondierende erhebliche Verringerung der Streckenenergie gegenüber vollangeschlossenen hybridgeschweißten T-Stößen. Es konnten nachstehende Werte erreicht werden:

6 mm HP auf 8 mm Deck: Verringerung der Streckenenergie um 44 %,
9 mm HP auf 8 mm Deck: Verringerung der Streckenenergie um 32 %,
12 mm HP auf 8 mm Deck: Verringerung der Streckenenergie um 42 %.

Die geschweißten Proben wurden in Anlehnung an die „Mechanisch-technologische Werkstoffprüfung zur Verfahrensprüfung nach DIN EN 288-3 für das MIG-Laser- Hybridschweißen“ vorbereitet. Der Prüfumfang für die im Rahmen des Vorhabens durchgeführten Schweißungen teilangeschlossener T-Stöße umfasste die visuelle Prüfung, metallographische Untersuchungen, Härteprüfungen sowie zerstörende und Ultraschall-Prüfungen. Die metallographischen Untersuchungen beinhalten die Anfertigung von Makro- und Mikroschliffen. An Makroschliffen (Querschliffen) wurden die Nahtgeometrie in Abhängigkeit von den Prozessparametern bestimmt und die Härteprüfungen durchgeführt. Mikroschliffe dienen der Beurteilung der Gefügeausbildung der geschweißten Proben. Nach Optimierung der Schweißparameter anhand eines festgelegten statistischen Versuchsplans konnten alle hybridgeschweißten Proben die vorbereitenden Verfahrensprüfungen bestehen. Die lasergeschweißten Proben wiesen aufgrund der geringen eingebrachten Wärmemenge zu hohe Härtewerte auf.

Auswertung der Schwingfestigkeitsversuche

Im Rahmen der hier durchgeführten Versuche sollte geprüft werden, inwieweit das Schwingfestigkeitsverhalten teilangeschlossener nicht kraftübertragender laserhybridgeschweißter Kehlnähte, die mit einer gesteigerten Geschwindigkeit geschweißt wurden, dem von konventionellen Kehlnahtverbindungen mit Vollanschluß gleichwertig ist bzw. ob eventuell signifikante Unterschiede bestehen. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass bezüglich der erreichbaren Schwingfestigkeit bei 2·106 Lastwechseln die untersuchten Verbindungen den Erwartungen entsprechen. Die als Referenz herangezogenen FAT-Klassen für Voll- bzw. Teilanschluss werden von allen untersuchten Verbindungen klar übertroffen, wenn bei dem verwendeten Schweißverfahren eine bezüglich des Schweißspaltes mittige Einschweißung erfolgt. Bruchauslösend ist in allen Fällen die vom Wurzelspalt bzw. dem Nahtübergang ausgehende Kerbwirkung, die bei den untersuchten Verbindungen überwiegend relativ gleichmäßig ist. Ein Einfluß der Luftspaltgröße auf das Schwingfestigkeitsverhalten konnte nicht nachgewiesen werden. Hingegen wirkt sich bei Axialbeanspruchung das Maß des Winkelverzugs merklich auf die Höhe der erzielbaren Schwingfestigkeit aus. Maßnahmen, die bei vergleichbarer Schweißnahtqualität den Verzug minimieren, erscheinen daher als erfolgversprechendstes Mittel zur Schwingfestigkeitsoptimierung.